Blutige Freiheit – Beginn des Irakkriegs vor 15 Jahren

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Operation „Iraqi Freedom“ nannte das amerikanische Militär den Irakkrieg. Die völkerrechtswidrige Invasion des Iraks führte nicht nur zur Entmachtung des Langzeitdiktators Saddam Hussein, sondern stürzte auch den ganzen Mittleren Osten in bis heute andauernde politische Wirren. Vor 15 Jahren begann die Militäroperation. Ein Rückblick.

Amerikanische Panzer erreichen die Schwerter von Kadesia bei Bagdad. (Foto Technical Sergeant John L. Houghton, Jr., United States Air Force | Public Domain)

Es war in den frühen Morgenstunden des 20. März 2003 als im Stadtzentrum der irakischen Hauptstadt Bagdad die ersten schweren Detonationen zu hören waren. Die Marschflugkörper galten aber nicht etwa militärischen Einrichtungen. Vor allem das Regierungsviertel von Bagdad sowie mutmaßliche Aufenthaltsorte von Saddam Hussein standen auf der Abschussliste. Noch in der Nacht erklärte der damalige Präsident der USA, George W. Bush in einer Fernsehansprache, warum man sich nun im Krieg befände.

„At this hour, American and coalition forces are in the early stages of military operations to disarm Iraq, to free its people and to defend the world from grave danger. On my orders, coalition forces have begun striking selected targets of military importance to undermine Saddam Hussein’s ability to wage war. These are opening stages of what will be a broad and concerted campaign.“
George W. Bush, damaliger US-Präsident

Im Laufe des Tages begann dann die eigentliche Invasion. Über Jordanien und Kuwait drangen vor allem amerikanische und britische Bodentruppen in den Irak ein. Relativ schnell erreichten die Soldaten das Ziel ihrer Operation – Bagdad. Die Hauptstadt galt bereits kurz nach Kriegsbeginn als befreit. Nachdem auch der vermeintlich letzte Widerstand im Land gebrochen war, erklärte Präsident Bush am 1. Mai 2003, also nur wenige Wochen nach Kriegsbeginn „Mission Accomplished“.

„Major combat operations in Iraq have ended. In the battle of Iraq, the United States and our allies have prevailed.“
George W. Bush

Doch an eine friedliche Zukunft war im Irak da noch längst nicht zu denken. Bis 2011 waren Truppen der sogenannten „Koalition der Willigen“ im Irak stationiert. Vor allem amerikanische Soldaten erlitten während ihrer Besatzungszeit durch Hinterhalte, Bomben- und Selbstmordanschläge hohe Verluste. Noch heute ist die politische Situation im Irak unübersichtlich und der Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten ungelöst. Darüber hinaus war der Einmarsch der Koalitionstruppen in den Irak völkerrechtswidrig. Denn er hatte nicht die Zustimmung des UN-Sicherheitsrats. Der damalige Außenminister Powell hatte behauptet, den US-Geheimdiensten lägen Informationen vor, wonach der Irak biologische Waffen herstellen könne und sie in Kürze einsetzen wolle:

„One of the most worrisome things that emerges from the thick intelligence file we have on Iraq’s biological weapons is the existence of mobile production facilities used to make biological agents. Let me take you inside that intelligence file and share with you what we know from eyewitness accounts. We have firsthand descriptions of biological weapons factories on wheels and on rails.The trucks and train cars are easily moved and are designed to evade detection by inspectors. In a matter of months, they can produce a quantity of biological poison equal to the entire amount that Iraq claimed to have produced in the years prior to the Gulf War.“
Colin Powell, damaliger US-Außenminister

 Doch die Zweifel zahlreicher Mitglieder des UN-Sicherheitsrats an der Echtheit der präsentierten Beweise überwogen. Auch der deutsche Außenminister Joschka Fischer schenkte den Amerikanern wenig Glauben, wie er auf der Münchner Sicherheitskonferenz kurz vor Kriegsbeginn deutlich machte:

„You have to make the case, and to make the case in a democracy you have to be convinced yourself, and excuse me I am not convinced, this is my problem and I cannot go to the public and say, well let’s go to war because there are reasons and so on, and I don’t believe in that.“
Joschka Fischer, damaliger Bundesaußenminister

Wie sein Außenminister machte auch Bundeskanzler Gerhard Schröder klar, dass es eine deutsche Beteiligung am Irakkrieg unter keinen Umständen geben werde.

„Es bleibt dabei. Unter meiner Führung wird sich Deutschland an einer Intervention im Irak nicht beteiligen.“
Gerhard Schröder, damaliger Bundeskanzler

 Nicht nur Deutschland, auch Frankreich widersetzte sich dem amerikanischen Wunsch an einer Kriegsbeteiligung der beiden NATO-Partner. Für den damaligen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld Grund genug, um von einem „alten“ und nun bedeutungslosen und einem „neuen“ Europa zu reden. Doch auch in Deutschland sorgte die Entscheidung der Bundesregierung für erhebliche Kritik. Am lautesten äußerte dies die damalige Oppositionsführerin im Bundestag, Angela Merkel.

„Ich sage Ihnen: Sie sind seit Wochen auf einem Irrweg. Das Schlimmste ist – das sage ich mit großem Ernst; das ist meine feste Überzeugung –, dass insbesondere Ihr Verhalten (…) den Krieg im Irak leider nicht unwahrscheinlicher, sondern wahrscheinlicher gemacht hat; denn Sie haben den Druck auf Saddam Hussein verringert.“
Angela Merkel, damalige CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende

Erst Monate nach dem Einmarsch stellte sich heraus, dass der Irak – anders als zuvor von den USA behauptet – nicht über biologische Massenvernichtungswaffen verfügte. Die vermeintlichen Beweise, mit denen der Irakkrieg vor dem UN-Sicherheitsrat gerechtfertigt werden sollte, stellten sich als falsch und zum Teil als frei erfunden heraus. Für die Opfer des Krieges kam diese Erkenntnis jedoch zu spät. Als die amerikanischen Truppen 2011 den Irak verließen, haben 30.000 irakische und fast 5.000 amerikanische Soldaten sowie bis zu einer halben Million Zivilisten ihre Leben verloren.

Der für mephisto 97.6 produzierte Beitrag zum Nachhören: