Die Krux mit der Beliebtheit

Für Politiker ist die Beliebtheit eine der wichtigsten Maßeinheiten. Das lässt sich vor allem pünktlich zum Wahlkampf wieder gut beobachten. Doch wie wichtig ist diese vermeintlich messbare Variable überhaupt?

Die Kolumne zum Nachhören finden Sie hier:


Eigentlich war es ja keine Überraschung. Das locker-lässige Auftreten, der perfekt getrimmte Dreitagebart und dann noch dieser schüchterne Hundeblick. Robert Habeck ist schon ein putziges Kerlchen und nun auch Deutschlands beliebtester Politiker, sagt zumindest das Politbarometer des ZDF. Aber mal ehrlich, die Konkurrenz hält sich auch wirklich in Grenzen: Olaf Scholz, Annegret Kramp-Karrenbauer oder Horst Seehofer – sorry, aber in punkto Cuteness-Level habt ihr gegen den Robert einfach keine Chance.

Politisches Leichgewicht

Doch Habeck sollte sich über seinen errungen Titel lieber nicht zu sehr freuen. Auch wenn die große Beliebtheit sicherlich schmeichelhaft ist, so täuscht sie doch über das politische Gewicht Habecks hinweg. Denn wenn wir mal die letzten Wochen und Monate Revue passieren lassen, ist eher wenig von Habecks Schaffen in Erinnerung geblieben. Der grüne Posterboy mag vielleicht strahlen, doch wer weiß wie lang.

Einen gänzlich anderen Weg geht da der Schattenmann der CDU im Europaparlament. Inhaltlich mag man über Axel Voss ganz bestimmt streiten können. Aber mit der Urheberrechtsreform hat Voss Tatsachen geschaffen, die seine politische Laufbahn sicherlich über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte überleben werden. Oder lassen Sie es mich so sagen: Während Voss mit aller Macht sein politisches Ziel verfolgt und erreicht hat, schleicht Habeck nur um das eigene Programm herum und vergisst vor lauter Predigten das Handeln.

Große Predigten

Beispiel gefällig? Wie wäre es mit Friday for Future. Die Politik hat sich da hierzulande ja kaum mit Ruhm bekleckert. Sei es Christian Lindner, der Klimaschutz den vermeintlichen Profis überlassen will oder Bundespräsident Steinmeier, der sich mal schnell aus dem Privatjet heraus mit den Demonstrierenden solidarisierte. Eigentlich war das doch die Chance der Grünen unter Federführung Habecks sich für die Interessen der nachfolgenden Generation einzusetzen. Stattdessen lobte er lieber die Zivilcourage und sieht in den Protesten einen großen politischen Akt. Und das bringt den Schülerinnen und Schülern jetzt nochmal was genau?

Aus Sonntagsreden wird eben nicht einfach so gute Politik – das sollte einem Profi wie Habeck doch eigentlich bewusst sein. Wenn die Grünen also auch in ein paar Monaten noch irgendwas zu sagen haben wollen, dann sollten sie sich schleunigst nach einem Nachfolger für Habeck umsehen. Denn so abgedroschen es auch klingen mag, Politik wird eben nicht nur in Talkshows und auf Marktplätzen gemacht. Da helfen auch die guten Werte im Politbarometer nur bedingt.