Mit der sogenannten GroKo hat sich die SPD lange auseinandergesetzt. Nun haben sich die Parteimitglieder zu einer klaren Haltung durchgerungen. Hoffentlich haben sich die Sozialdemokraten da nicht ihr eigenes Grab geschaufelt haben. Ein Kommentar.„Wir wollen mehr Demokratie wagen!“ – Mit diesen Worten setzte Bundeskanzler Willy Brandt in seiner ersten Regierungserklärung vor fast einem halben Jahrhundert einen neuen Maßstab für die Sozialdemokratie. Mit dem Wagnis für mehr Demokratie sorgte Brandt dafür, dass die Sozialdemokraten als eine Partei der Hoffnung und Erneuerung betrachtet wurden. Ein halbes Jahrhundert später ist von beidem nur wenig geblieben.
Seit der Bundestagswahl hat die einst stolze und traditionsreiche Partei einen Affentanz aufgeführt der seinesgleichen sucht. Von einer kategorischen Absage an die Groko hin zu einem von der Parteibasis legitimierten „Weiter so“. Mit Erneuerung hat das nichts zu tun und Hoffnungen in diese Koalition zu setzen, fällt nicht leicht. Dafür sorgt nicht zuletzt der ausgehandelte Koalitionsvertrag. Der besteht eigentlich nur aus Willensbekundungen und ein paar warmen Worten – ein deutliches Anzeichen, dass die kommenden drei Jahre kaum mehr als ein Durchwurschteln der Koalitionspartner werden.
Aber auch die Weigerung der SPD, die Besetzung ihrer Ministerposten im Vorfeld bekanntzugeben, trug nicht gerade dazu bei, Vertrauen aufzubauen. Aber alles hat bekanntlich ein Ende und am Ende dieser Legislaturperiode steht bereits in 3 ½ Jahren eine neue Bundestagwahl. Die könnte dann auch tatsächlich zu einer Schicksalswahl für die Sozialdemokraten werden. Denn auch wenn das ein oder andere Herzensanliegen der SPD im Koalitionsvertrag festgehalten werden konnte, das Hin und Her der vergangenen Monate werden die Wähler kaum vergessen.
Die Sozialdemokraten hatten eine Möglichkeit, sich nach den Hartz-Reformen wieder so etwas wie Glaubwürdigkeit zurückzuholen. Sie hätten sich mit einem Gang in die Opposition auch an die sozialdemokratischen Grundideen erinnern können. Doch die Genossen haben es ohne Zweifel geschafft, diese Chance ungenutzt zu lassen. Stattdessen folgten sie dem Ruf der vermeintlichen staatspolitischen Verantwortung.
Doch auch innerhalb der Partei liegt so einiges im Argen. Das hat nicht zuletzt der Umgang mit dem einstigen Parteivorsitzenden Martin Schulz gezeigt. Erst wurde er als der große Messias gefeiert, dann nach der Wahlschlappe eiligst vom Hof gejagt. Von der sonst in der SPD hochgehaltenen Solidarität war da nichts mehr zu spüren. Seien wir ehrlich, wenn eine Partei ihre politischen Ideale nicht einmal mehr selbst lebt, dann muss sie sich auch die Frage der Daseinsberechtigung stellen.
Und mit dem deutlichen Ergebnis des Mitgliedervotums ist nun auch klar, es waren die SPD-Mitglieder selbst, die einen weiteren, vielleicht letzten Sargnagel in die Sozialdemokratie geschlagen haben.
Der Live-Kommentar zum Nachhören: