Neuer City-Tunnel durch Leipzig?

Die Frage, wie wir in Zukunft in Leipzig von einem Stadtteil zum nächsten kommen, ist aktuell eine der großen Debatten in der Stadt. Die einen plädieren für mehr Radwege, andere fordern den Ausbau von Straßen. Während Oberbürgermeister Jung für die Idee eines zweiten City-Tunnels zu brennen scheint, halte ich von seinem Vorstoß eher wenig. Ein Kommentar.

S-Bahnhof Leipzig Markt (Foto Quityergreeting | Wikimedia Commons | CC BY-SA 3.0)

Leipzig wächst. Das dürfte mittlerweile jeder in der Stadt mitbekommen haben. Immer mehr Einwohner, das stellt die Stadt natürlich auch vor Herausforderungen. Den einen begegnet die Stadt besser, den anderen eher schlechter. Zumindest beim Thema Mobilität will Oberbürgermeister Jung nun aber alles richtig machen. Während die meisten politischen Akteure sich noch darüber streiten, wie der Verkehr auf den Straßen in Zukunft aussehen soll, geht Jung der Debatte einfach aus dem Weg. Statt sich mit der mühsamen Diskussion um überirdische Verkehrswege aufzuhalten, taucht er in den Untergrund ab – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.

Ein zweiter City-Tunnel muss her, findet zumindest das Stadtoberhaupt. Von Osten nach Westen soll die neue Bahnröhre führen. Doch so Neu ist die Idee freilich nicht. Gefühlt einmal im Quartal spricht sich Jung für dafür aus, nur um den eigenen Vorschlag danach wieder in den verzweigten Gängen der Stadtverwaltung verschwinden zu lassen. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, einen zweiten City-Tunnel zu bauen, finde ich grundsätzlich eine tolle Idee. Doch wenn ich so überlege, was für andere tolle Vorschläge so in letzter Zeit aus dem Rathaus gekommen sind… Ich erinnere nur an die „hervorragende“ Eingebung, die umliegenden Städte einzugemeinden.

Aber auch wenn der Tunnel-Vorstoß eine gute Idee sein mag, Jung sollte sich endlich einmal in die viel dringendere Diskussion einschalten, wie der oberirdische Verkehr in Zukunft aussehen soll. Vor allem ein zukunftsfähiges Konzept für den gesamten Nahverkehr muss endlich her. Denn das Bevölkerungswachstum wird sich vor allem in den Fahrgastzahlen bei Bussen und Straßenbahnen bemerkbar machen. Auch die Entwicklung eines guten Radwegenetzes durch die Stadt ist längst überfällig und wurde von der Stadt lange Zeit verschlafen. So gesehen ist es einfach nur ärgerlich, dass Jung die drängendsten Probleme in Leipzig auf die lange Bank schiebt und sich stattdessen um die großen Prestigeprojekte kümmert. Denn mit dem Citytunnel scheint es ihm nun doch etwas ernster zu sein. Schließlich hat er Ministerpräsident Michael Kretschmer mit ins Boot geholt. Der will die Stadt nun zumindest bei der Planung unterstützen.

Aber auch wenn dieser Tunnel wirklich einmal gebaut werden sollte, es wird Jahrzehnte dauern, bis er in Betrieb gehen kann. Selbst Jung hat eingeräumt, dass es sich bei dem zweiten Tunnel um ein Generationenprojekt handelt. Vielleicht hat die Stadt bis dahin auch endlich eine Lösung gefunden, wie man den S-Bahnhof Leipzig Markt mal sauber bekommt.

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